Auf den sagenumwobenen Hugenotten-Trails (31. Mai – 7. Juni)

Fast unvorstellbar sind die Trailschätze welche sich im Diois verbergen und dies inmitten einer Naturlandschaft, welcher wie ein Garten Edens anmutet. Wir bikten durch das so genannte Bio-Tal Frankreichs und tauchten dabei tief in die Geschichte der Hugenotten ein. Was wir befahren haben ist nur schwer in Worte zu fassen – es war Trailspirit auf hunderten von Kilometern der sagenumwobenen „Hugenotten-Trails“…


Das Wetter ist stabil und der Wind ist schwach. Ideale Voraussetzungen für die Tour auf das einsame und stark wetterexponierte Vercors-Plateau. Nicht selten befindet sich hier eine der beeindruckendsten Wetterscheiden, welche ich kenne. Auf dem alten Weg der Schafhirten und Partisanen durchqueren wir das senkrechte Felsband und erklimmen dieses gewaltige Plateau. Mit 170 Quadratkilometern ist es das grösste Naturschutzgebiet Frankreichs. Während des Zweiten Weltkriegs versteckten sich hier etwa 4000 Partisanen. Ein 1100 Tiefenmeter langer Trail bringt uns zurück ins provenzalisch anmutende Diois. Bei dieser atemberaubenden Aussicht fällt es schwer sich auf den Trail zu konzentrieren.


Der zweite Biketag bringt uns in die weitverzweigte Landschaft des oberen Diois. Durch die unzähligen Übergänge und Täler welche wir befahren, hat die Tour den Charakter eines kleinen Alpencross. Auf alten Verbindungswegen, welche einst die abgeschiedenen Dörfer und Alpen miteinander verbanden, geht’s durch menschenleer Naturlandschaften. Die Abwanderung im 19. Jahrhundert war gnadenlos und so haben wir diese Welt nahezu für uns allein. Bei genauem Hinsehen können wir in Form von Terrassierungen und Häuserruinen, noch Zeugen einer längst vergangenen Zeit erkennen. Trail um Trail nehmen wir mit – denn das Wetter ist besser als vorausgesagt. Im 13. Jahrhundert wurde das Diois mit neuen Ideen von waadtländischen «Hausierern» (Waldenser aus Waadt) und seit dem 16. Jahrhundert mit dem lutherischen und calvinistischen Protestantismus konfrontiert. Mitte des 16. Jahrhunderts war der „neue“ Glaube so fest verwurzelt, dass das Diois bis in die Neuzeit zur Hochburg der französischen Protestanten wurde. Ab ca. 1560 war dann die gebräuchliche Bezeichnung hierfür „Hugenotten“.


Rund um den Hauptort «Die» erwarten uns nicht nur besonders viele dieser faszinierenden Hugenotten-Trails, sondern auch einige der schönsten Panoramen zu den gegenüberliegenden Glandasse-Felsen. Trails, Trails und nochmal Trails – rauf und runter. Auf engstem Raum kommen unglaublich viele Landschaftstypen zusammen. Die Meisterleistungen der damaligen Wegebauer sind schlicht atemberaubend. Teilweise führen die Wege durch senkrechte Felswände und erinnern an Militärsteige aus den Dolomiten. Die Steigungen sind aussergewöhnlich gleichmässig und in dieser Art einmalig in den Alpen. Mit ein Grund, dass man diese Trails auch kilometerlang berghoch fahren kann.


Heute Mittwoch sind bereits ab Mittag heftige Gewitter angesagt. Und so fahren wir heute eine Tour in Form eines Kleeblattes. Die Schleifen kann ich je nach Wettersituation umgestalten oder ganz weggelassen. Der Plan geht auf, das Timing stimmt – wir fahren alle Schleifen und kommen unmittelbar vor dem ersten heftigen Gewitter zurück. Das „grande Finale“ erwartet uns mit dem 38-Spitzkehren-Trail. Ihn komplett zu befahren ist die Meisterprüfung des Hinterrad-Versetzens. Die Trails führen zu den beeindruckenden Glandasse-Felsen. Es ist das Ende des riesigen Vercorsmassiv welches hier in Form von beeindruckenden Felsfluchten ins Tal stürzt. Diese Täler stellten bei der Hugenotten-Verfolgung eine wichtige Rolle dar. Bis heute existieren noch viele der alten Fluchtwege. Denn Louis XIV annullierte 1685 das Edikts von Nantes welches 1598 vom König Henri IV ausgearbeitet wurde und den Hugenotten religiöse Toleranz und volle Bürgerrechte zusicherte. Ab nun begann bis zur französischen Revolution (1798) eine Unterdrückung, welche immer mehr zu einer Verfolgung wurde. Wer erwischt wurde mussten mit der Galeerenstrafe, dem Kerker oder gar dem Galgen rechnen. Protestantische Kirchen wurden geschlossen und zerstört. Wer konnte, der flüchtete.


Heute steht einer der längsten Trails auf dem Programm, dabei tauchen wir hinein ins wilde wie einsame Hinterland. Die gestrigen Gewitter haben Spuren an den Wegen hinterlassen und führen mir die Gewalt der Natur einmal mehr vor Augen. Während unserer Fahrt plane ich den weiteren Tourenverlauf um. Was bei dieser Trailauswahl gut möglich ist und so sind wir schon bald wieder auf trockenen Trails unterwegs. Wir «pflücken» auch heute Trail-Juwel um Trail-Juwel und können unser Glück kaum fassen. Solche Wege sollten nie zu Ende sein…


Rund um das historische Châtillon-en-Diois erwartet uns eine Fülle von Trails. Wenn man sie alle mitnimmt, dann gibt es heute die Königsetappe. Jeder der vier Uphills mit seiner dazugehörenden Abfahrt ist ein Highlight und so ist es klar, dass man einfach alle mitnehmen sollte.
So faszinierend die Trails sind, so schön ist die Vegetation. Das Diois ist bekannt für die Herstellung natürlicher Produkte wie Kräuter, Oliven, Walnüsse, Esel-, Ziegen-, Wildschweinwurst, Lavendel-, Akazien-, Tannen-, Kastanienhonig, Ziegenkäse oder Lavendelöl. Aber auch Obstsorten wie weisse Pfirsiche, Melonen «de Cavaillon», Erdbeeren, Kirschen usw. Nicht umsonst gilt die Region als Bio-Tal von Frankreich. Mir kommt es vor wie im Paradies – vor allem wenn wir dann am Abend von unseren Gastgebern mit diesen lokalen Produkten kulinarisch verwöhnt werden.
Eine wunderschöne Tourenwoche mit intensiven Eindrücken und vielen emotionalen Momenten bleibt mir für immer in Erinnerung. Merci beaucoup euch allen für diese einzigartige Zeit die wir zusammen im Diois geniessen und erleben durften.

Kommentare

Peter G
12. Juni 2025
Liebe Spitzkehrenversetzer und "Aitostaibsuigärschluich" Aussprecher, ganz herzlichen Dank Luki für die tolle Singletrailwoche. Nebst den coolen Trails in einer wunderschönen Gegend, der "gäbigen" Gruppe, den kulinarischen Ideen, wurde auch jeden Tag viel zusammen gelacht. Die Woche ging zu schnell vorbei, aber lange ziehe ich noch von diesen schönen Tagen. Einfach alles "Luki like"
9. Juni 2025
Die Gegend hat sehr schöne Singletrails, welche nur wenig verblockt sind, so dass man es oft richtig fliegen lassen kann. Wie meist ist ist man dank Lukis Ortskenntnis praktisch trocken durchgekommen, und auch der Teamgeist war sehr gut. Es war deshalb eine superschöne Woche
8. Juni 2025
Lieber Luki Vielen Dank für deine mega coole Zusammenfassung unseres wunderbaren MTB-Abenteuers. Einmal mehr durfte ich eine sensationelle Woche mit dir und anderen "Bike-Verrückten" verbringen. Es ist schon immer wieder erstaunlich, was es mit dir zu entdecken gibt. Eine mir völlig unbekannte Region entpuppt sich alles wahres Bikeparadies mit gut zu meisternden Uphills und sensationellen Downhills. Wir waren eine Supertruppe die auch neben den Trails viel Spass hatte. Es war einfach Rock'n'roll!!! Long live the "Aitostaibsuigärschluich" Liebe Grüsse Guido

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