3500 Meter hohe Gletscher-Gipfel, senkrechte Felswände, tiefe Täler und malerische Almen zogen uns tief in den Bann. Zwischen den Zillertaler Alpen, den Sarntaler Alpen und den Dolomiten erwarteten uns Trail- und Landschafts-Leckerbissen allererster Güte.
1700 Meter über dem Talboden öffnet sich das einzigartige Dolomiten-Panorama. Wir erleben geradezu einen Bilderbuchstart in unsere Bikewoche. Im Hintergrund sind die Ausläufer der Geislergruppe zu sehen. Diese markieren den Abschluss des Vilnösstals. Da es vom Skitourismus verschont blieb gilt es als eines der urtümlichsten Täler Südtirols. Die Bergsteiger-Legende Reinhold Messner wurde hier geboren. Weiter im Süden sind die spektakulären Felszacken der Langkofel-Gruppe zu sehen an dessen Fusse jeweils das Welt-Cup Skirennen von Val Gardena ausgetragen wird.
Die Königsetappe führt uns in die entlegenste Region unseres Tourenrevieres. 1600 Meter über dem Talboden und nach mehreren Passübergängen zweigen wir auf diesen aussichtsreichen Kamm ein. Da dieser das Eisacktal vom Pustertal trennt führen verschiedene kleine Pässe drüber. Weil die Dolomiten aber nicht zum Alpenhauptkamm gehören, hatten die meisten Dolomiten-Übergänge in der Vergangenheit nur lokale, allenfalls regionale Bedeutung.
Wegen der Gewitter-Tendenz habe ich ein besonderes Augenmerk auf diese Pässe, denn hier hätten wir unsere exponierte Route schnell verlassen können. Nach einem kurzen Gewitter – das wir trocken während der Mittagspause in einer Berghütte „aussitzten“ – sieht es aber gut aus. Wir packten die Chance! Zwanzig Kilometer fahren wir nun über den gesamten Rücken – vor uns der Blick in die 3500 Meter hohen und gletscherbedeckten Zillertaler Alpen und in unserem Rücken die einzigartige Felslandschaft des Fanes-Sennes-Naturparks.
Am dritten Tourentag bahnt sich ein Wetterumschwung an. Wir packen die Chance und nutzen noch ein „klein-räumliches“ Schönwetter-Fenster auf der anderen Talseite und biken somit hinein in die Sarntaler Alpen. Wir überqueren quasi die Brenner-Route mit dem niedrigsten Übergang des gesamten Alpenhauptkamms (1375m). Der Brenner war seit Jahrtausenden eine wichtige Durchgangsroute. Kelten, Etrusker, Römer, Langobarden, Franken und Bajuwaren kamen und gingen. Leider sind die Wegspuren dieser Völker verschwunden. Dafür warten einige der knackigsten Up- und Down-Hill Trails auf uns die wir in vollen Zügen auskosten. Ganz ohne Regen kommen wir nicht durch – aber auch dieser zieht schon wie gestern, in wenigen Minuten und exakt bei unserer Mittags-Einkehr über uns hinweg.
Bei der zweiten Königsetappe, am Peitlerkofel, tauchen wir tief in die Dolomitenfelsen ein. Wir biken durch saftig grüne Alpweiden aus denen weisse Kalkfelsen senkrecht in den Himmel ragen. Trotz der Schroffheit dieser Berge waren sie schon früh ein wichtiges Kulturgebiet. Die Täler und Hochebenen waren fruchtbar, das Klima mild und auch Bodenschätze waren vorhanden. Es scheint, als ob wir mit unseren Bikes durch einen Bild-Kalender der Dolomiten fahren. Da die meisten Berghütten noch reduzierten Betrieb haben, haben wir die Trails fast für uns alleine. Allerdings dauert es heute umso länger bis wir eine urige Berghütte finen wo wir uns mit Pasta verpflegen können.
Im Norden blicken wir zu den 3500 Meter hohen Zillertaleralpen welche Tirol und Südtirol trennen und zugleich den Alpenhauptkamm darstellen. Als im Frühmittelalter die Bajuwaren über den Alpenhauptkamm auf die Alpensüdseite drangen, verdrängten und vermischten sie sich schnell mit den rätoromanischen, galloromansichen, veneto-illyrischen und auch den slawischen Stämmen. Dabei brachten sie die deutsche Sprache ins heutige Norditalien und in grosse Teile der Ostalpen. Die Langobarden welche sich der römische Kultur angenommen hatten, konnten die Bajuwaren südlich von Bozen stoppen. Das Gebiet wurde deshalb zur deutsch-italienischen Sprachgrenze.
Mit dieser Aussicht stehen wir nun am Beginn der längsten Abfahrt unserer Bikewoche. Satte 2000 Tiefenmeter geht es ab hier komplett auf Trails nach Brixen hinunter. Durchgehend anspruchsvoll werden wir noch mal so richtig gefordert.
Flowig-Flüssig zieht der Trail über den Kamm. Aber schon bald werden wir mächtig gefordert. Absätze, loser Untergrund, und enge Spitzkehren – das volle Programm. Es wird ein Spiel mit dem Trail und ein Tanz mit dem Bike. Glücklich und voller Emotionen rollen wir am Ende der Abfahrt in die Altstadt von Brixen ein. In den historischen Gassen geniessen wir das obligate und wohl beste Gelati weit und breit. Was für ein Abschluss dieser wunderschönen Bikewoche.
Der ganzen Brixener Bikegruppe ein riesiges Danke für diese wunderbare und emotionale Bikewoche im Herzen des Südtirols.
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