Auf den Tag genau vor 135 Jahren stand der erste Mensch auf dem Kilimanjaro. Über ein Jahrhundert später sind wir mit den Bikes auf dem höchsten freistehenden Berg der Welt und zugleich dem höchsten Berg Afrikas. Die Dimensionen beeindrucken: 80 km lang, 60 km breit und 5895 Meter hoch. Diese Dimensionen, das Erlebnis, die Bilder, die Aussicht, das Befahren aller Klimazonen, der Höhenunterschied, die Menschen und das Leben vor Ort – eine Biketour die in vielerlei Hinsicht absolut einzigartig ist.
Die letzten Dörfer (1400 müM) und die sattgrünen Bananen-Plantagen haben wir bereits hinter uns gelassen. Es geht kontinuierlich bergan, bis wir auf 1900 Metern Höhe in den Dschungel eintauchen. Hier beginnt der Nationalpark und enden die menschlichen Besiedlungen. Viele Jahre war biken im Kilimanjaro-Nationalpark nicht erlaubt. Dies änderte sich vor 5 Jahren.
Satte 10 Kilometer führt nun dieser Schotterweg mitten durch den Dschungel. Auf 2900 Metern, am Rande des Urwaldes, ist unser erstes Camp. Satte 3000 Meter über unseren Köpfen thront der weit zurückversetzte Kilimanjaro mit seinen Gletscherfeldern. Wenn alles klappt mit der Akklimatisation, stehen wir in fünf Tagen auf dem Gipfel.
Am zweiten Tag fahren wir ins Höhenlager auf 3700 Metern. Der Dschungel ist der Steppenlandschaft gewichen. Die Böden sind trocken und die Vegetation beschränkt sich noch auf Büsche und exotische Pflanzen. Im Hintergrund ist der Kilimanjaro Gipfel zu erkennen. Der Krater hat einen Durchmesser von 2,4 auf 1,9 km. Die Distanzen sind riesig und schwer abzuschätzen.
Durch die enorme Höhe gibt es bei der Befahrung des Kilimanjaro viele Parallelen zum Höhenbergsteigen. Das Gipfelglück ist auch hier nur mit einem ausgeklügelten Akklimatisations-Management möglich. So erwartet uns am dritten Tag eine klassische Akklimatisationstour zwischen Kilimanjaro (Bild – 5895 m) und Mawenzi (5149 m). Auf diesem weiten Hochplateau geht es auf eine Höhe von über 4400 Metern. Der Gipfelaufbau vom Kilimanjaro ist aus dieser Perspektive besonders imposant. 1600 Meter ragt er aus dem weiten Hochplateau empor. Das feine und helle Schotterband, das sich links von der Mitte hochzieht, ist unser Aufstieg am Gipfelstag, resp. der erste Teil der unendlich langen Abfahrt.
Anschliessend geht es auf einem knackigen Trail wieder hinunter zu unserem Höhenlager auf 3700 Metern, wo es nochmal eine Übernachtung gibt. Wie bereits an den vorangegangenen Tagen gilt es Kraft und Energie zu sparen und sich möglichst gut an die Höhe anzupassen.
Ein Singletrail führt heute bergan bis zu unserem dritten Camp auf 4550 Meter. Dazwischen gibt es eine kurze Abfahrt. Die faszinierende «Höhenwüste» zieht uns tief in den Bann. Der gegenüberliegende und 5149 Meter hohe Nebengipfel «Mawenzi», präsentiert sich wie auf dem Serviertablett. Das Zeltquartier befindet sich am Abend auf der Höhe der Capanna Margherita – der höchst gelegenen Berghütte der Alpen. Die Höhe ist nun deutlich zu spüren. Bereits kleine Anstrengungen lassen Puls- und Atemfrequenz in die Höhe schnellen.
Das vierte und letzte Höhenlager liegt auf 4720 Metern. Nicht viel höher als das letzte Camp, jedoch wegen dieser Zwischenabfahrt kommen doch noch mal 500 Höhenmeter zusammen. Wir werden im Camp von unserem Team – wie immer – perfekt verpflegt. Anschliessend packen wir die Bikes auf unser Rucksack-Tragesystem und bringen diese zu Fuss bis auf 5200 Meter hoch. Die Bikes werden deponiert und zu Fuss geht es zurück ins Lager hinunter. Die Gruppe ist inzwischen perfekt akklimatisiert.
Heute ist der Tag der Gipfelbesteigung. Fast 1200 Höhenmeter sind es bis zum Uhuru Peak (5895 m). Wir starten um 1 Uhr in der Nacht. Nach 500 Höhenmetern sind wir bei unseren Bikes. Unsere Träger unterstützen uns ab nun. Fahren ist hier nicht möglich und die Schritte sind bewusst klein. Beim Gilmans Point (5685 m) erreichen wir den Kraterrand und es geht nun deutlich flacher zum Stella Point (5744 m). Ab hier spüren fast alle die Höhe sehr stark. Es erwartet uns ein faszinierender Sonnenaufgang über dem Mawenzi Nebengipfel. Ein magischer Moment der uns Energie für den Gipfelaufschwung gibt. Dieser Schlussteil ist im Prinzip dann wieder fahrbar. Allerdings kommt man sehr schnell und ziemlich intensiv in eine Sauerstoffschuld (Titelbild).
Mit einer speziellen Atemtechnik versuche ich ab 4800 Metern mehr Sauerstoff ins Blut zu Pumpen. Die Technik scheint zu funktionieren. Ich fühle mich im gesamten Gipfelaufstieg so gut wie noch nie. Obwohl der Sauerstoff-Partialdruck weniger als halb so hoch ist wie auf Meereshöhe. Augenscheinlich zeigt dies mein Getränkebidon. Auf dem Gipfel habe ich den letzten Schluck getrunken – nach 4500 Metern Abfahrt (auf 1400 müM) sieht er dann so aus. Es ist gut zu erkennen, wie viel weniger Sauerstoff wir bei jedem Atemzug in unsere Lungen pumpen konnten.
Um 6:55 Uhr ist es geschafft! Wir stehen auf dem höchsten Berg Afrikas und auf einem der 7 Summits. Es ist ein unglaubliches und unbeschreibliches Gefühl den höchsten freistehenden Berg der Welt zu erklimmen. Eindrücke, Erlebnisse und Emotionen können kaum in Worte gefasst werden, dafür vereint die Tour auf den Kilimanjaro zu viele Superlativen und Einzigartigkeiten…Ganz herzliche Gratulation euch allen!
Was nun folgt dürfte mit 4500 Tiefenmeter eine der längsten Abfahrten der Welt sein. Von den Gletschern und hoch über dem Nebelmeer sliden wir durch vegetationslose Geröllfelder hinunter ins spärliche Grasland. Weiter durch buschiges Bergland mitten hinein in den Dschungel und schlussendlich durch die Bananen-Plantagen dem Tal entgegen. Bis auf ca 150 Tiefenmeter ist die Abfahrt für versierte Biker und bei guter Akklimatisation komplett fahrbar.
Ein sprichwörtlich atemberaubendes Erlebnis, dass sich tief in unser Bikerherz eingebrannt hat und uns für immer prägt. Wir haben Menschen kennen gelernt, Landschaften entdeckt, Naturerlebnisse genossen, ein Land gesehen und eine Höhenerfahrung gemacht, welche uns zutiefst beeindruckt hat. Danke vielmals euch allen, dass wir all dieses Abenteuer zusammen erleben durften!
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