Wie Riffe steigen senkrechte Kalkfelsen aus den malerischen Alpweiden empor. Aus den blumenreichen und duftenden Wiesen geht die Landschaft fast nahtlos über, in hochalpine und senkrechte Felsbastionen. Genau diese Grenzregionen, zwischen lieblich zu hochalpin, ziehen mich geradezu magisch an. Ein Kontrast, der fasziniert und beeindruckt und jedes Mal mit atemberaubenden Aussichten gekrönt wird. Was für ein Privileg, dass wir mit unseren Bikes diese einmalige Natur im so genannten «schönsten Gebirge der Welt» erleben durften.
In den enorm verwinkelten Dolomiten gibt es eine kaum fassbare Anzahl von Tälern und Seitentälern. Einen Überblick zu gewinnen ist eine ordentliche Herausforderung. Und so führt uns die erste Tour bewusst auf einen Berg, welcher zu den schönsten Aussichtspunkten gezählt wird. Dieses atemberaubende 360-Grad Panorama gewährt den idealen Einblick in unser Tourenrevier der kommenden Woche. Weisse Kalkfelsen ragen rundherum in den azurblauen Himmel. Lagazuoi, Marmolata und die Sella-Gruppe sind die dominantesten von ihnen. Sich daran satt zu sehen, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Also rein ins Trailvergnügen – flüssig und verspielt schlängelt sich das Weglein dem Tal entgegen – wir geniessen jede Kurve und die ersten Glückshormone der kommenden Bikewoche.
Eigentlich bietet der zweite Tourentag und heutige Gipfel zu viele Möglichkeiten, um alles an einem Tag unter die Stollen zu bringen. Da es viele Wünsche gibt habe ich ein spezielles Konzept zusammengestellt, bei welchem jeder zu 100% seine Trailträume erfüllen kann.
Der Sage nach soll auf diesem Gipfel die unverwundbare Dolasilla, die Prinzessin des Fanes-Reichs, gekrönt worden sein. Die Aussicht zu den Zillertaler Alpen im Norden und den Dolomiten im Süden ist wunderschön. Genauso wie die Vielzahl an Trails, welche hier in allen Himmelsrichtungen in verschiedene Täler hinunterführen. Also rein ins Vergnügen!
Das stabile Hochdruckwetter hat sich verabschiedet. Nachmittagsgewitter sind ab nun an der Tagesordnung was mich planungsmässig herausfordert. Aber eben, ich mag ja die Herausforderungen und das Spiel mit dem Wetter. Der Trail des dritten Tourentages muss hart verdient werden. Aber immer wieder verzaubern uns dabei malerischen Landschaften. Und dann erwartet uns eine Abfahrt, die einer Achterbahnfahrt gleichkommt. Erst am Vortag noch rausgemäht werden wir nun mit Trailgenuss und Wetterglück verwöhnt.
Mit der Umrundung de Sellamassivs machen wir am 4. Tag die Königsetappe. Auf dem plateauförmigen Gebirgsstock treffen die italienischen Provinzen Südtirol, Veneto und Trentino zusammen. Rund um die Sellagruppe befinden sich auch die Täler des Ladinischen Sprachgebiets, was den Gebirgsstock zum geographischen Zentrum Ladiniens macht. Die Räter waren die ersten, die nach der Würm-Eiszeit – vor rund 10‘000 Jahren – diese inneralpinen Täler besiedelten. Einige Sprachinseln dieser Urbevölkerung konnten sich bis heute erhalten. Es ist das Rätoromanische in Graubünden, das Friaulische im Nordosten Venetiens und das Ladinische im Herzen der Dolomiten. Für unsere Bikewoche also ein Muss dieses Zentrum einmal zu umrunden. Die vielen Bergbahnen helfen uns heute, um das Ganze mit grossem Genuss zu erleben.
In unserem schön gelegenen Seitental erwarten uns am 5. Biketag einige Landschafts- und Trail-Leckerbissen. Die Wege sind knackig und fordern Fahr- und Technikgefühl. Nochmal kommen wir ganz nahe ran an die so genannten «bleichen Berge». Die Kalkfelsen türmen sich in den Himmel. Am Horizont taucht immer mal wieder die schneeweisse und 3343 Meter hohe Marmolata auf (Ist auf dem Bild vom ersten Tourentag zu erkennen). Es ist der höchste Berg mit dem grössten Gletscher der Dolomiten. Der Sage nach befand sich da, wo heute der Gletscher ist, einst eine blühende Blumenwiese. Als zwei Bauern an Maria Himmelfahrt ihre Heuernte nicht wie gewohnt unterbrachen, um im Tal zur Kirche zu gehen, setzte bald heftiger Schneefall ein. Dieser endete erst als die ganze Marmolata von einem Gletscher bedeckt war.
Da die Dolomiten nicht den Alpenhauptkamm darstellen hatten diese Übergänge nur lokale, allenfalls regionale Bedeutung. Umso wichtiger war jedoch ihre Rolle im ersten Weltkrieg, weshalb hier sehr viele und enorm spektakuläre Militärsteige entstanden sind. Genau sie ermöglichen uns während dieser Woche, mit dem Bike in dieses einzigartige Dolomiten-Landschaftskino einzutauchen.
Im frühen Mittelalter entdeckte man in diesem Gebiet wertvolle Bodenschätze wie Kupfer, Blei, Zink, Quecksilber und vor allem Eisen. Es entstanden Schmelzöfen, von denen das Metall dann Richtung Brixen oder Venedig transportiert wurde. Dabei entstanden interessante und wunderschön angelegte Saumwege.
Die Tour führt uns einmal mehr ins hochalpine Dolomitengelände. Die Kombination aus Top-Panorama und Singletrails ist «Dolomiten-Klasse» pur. Nicht umsonst spricht man hier von einem der schönsten Dolomitenblicke. Das Wetter ist wieder auf unserer Seite. Während es gegenüber von uns an der Civetta kräftig abregnet haben wir trockene Trails. Was für eine Stimmung.
Der ganzen Bikegruppe ein riesiges Danke für diese wunderbare und emotionale Bikewoche im Herzen der Ladinischen Dolomiten. Es war wunderschön mit euch zusammen diese Emotionen und den Bikespirit zu leben und zu teilen. Una grande „grazie mille“!
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