Seit 15 Jahren spiele ich mit dem Gedanken den Kilimanjaro, und somit einer der 7 Summits, mit dem Bike zu befahren. Das Projekt trat vor allem wegen administrativer Hürden jahrelang in den Hintergrund. Vergessen ging es aber nie. Die Voraussetzungen änderten sich vor 2 Jahren und war es soweit und ich konnte mit einer ersten Gruppe den höchsten freistehenden Berg der Welt erklimmen. Eindrücke, Erlebnisse und Emotionen kann ich nicht in Worte fassen, dafür vereint diese Tour zu viele Superlativen…
Nach den sattgrünen Bananen-Plantagen folgt ab 1900 Metern Höhe dichtester Dschungel. Hier beginnt der Nationalpark und enden die menschlichen Besiedlungen. Auf 2900 Metern ist unser erstes Camp. Satte 3000 Meter über unseren Köpfen thront der weit zurückversetzte Kilimanjaro mit seinen Gletscherfeldern. Fast unendlich weit weg erscheint er uns… auch wenn ich ihn mit dem Fotoapparat mächtig heran-gezoomt habe.
Am zweiten Tag fahren wir in unser Höhenlager auf 3700 Metern. Der Dschungel ist der Steppenlandschaft gewichen. Die Böden sind trocken und die Vegetation beschränkt sich in diesen Lagen auf Büsche und exotische Pflanzen. 500 Meter unter uns das riesige Nebelmeer über der Steppe der Massai. Bis zu unserem Etappenziel fehlen noch 400 Höhenmeter.
Wegen der enormen Höhe gibt es viele Parallelen zum Höhenbergsteigen was es so bei einer Tour von mir noch nicht gegeben hat. Aus diesem Grund unternehmen wir am dritten Tag eine Biketour am Fusse des Mawenzi (5149 m) und übernachten noch mal im Höhenlager auf 3700 Metern. Die Strecke führt uns über ein weites Höhenplateau bis auf eine Höhe von 4500 Metern. Wie bereits an den vorangegangenen Tagen gilt es Kraft und Energie zu sparen, um sich möglichst gut an die Höhe anzupassen.
Ein Singletrail führt heute bergan bis zum Lager drei auf 4550 Meter. Zwischendrin geht es auch mal flüssig bergab. Hier erleben wir die faszinierende «Höhenwüste» besonders intensiv. Sie zieht uns tief in ihren Bann. Das Zeltquartier befindet sich auf der Höhe der Capanna Margherita – der höchst gelegenen Berghütte der Alpen. Die Höhe ist deutlich zu spüren. Bereits kleine Anstrengungen lassen nun Puls- und Atemfrequenz in die Höhe schnellen.
Das vierte und letzte Höhenlager liegt auf 4720 Metern. Nicht viel höher als das letzte Camp, aber wegen einer Abfahrt dazwischen kommen doch noch mal etwa 500 Höhenmeter zusammen. Der Kilimanjaro präsentiert sich wie auf dem Serviertablett. Das feine und helle Schotterband, das sich etwas links von der Mitte hochzieht ist unser Aufstieg von morgen, resp der erste Teil der unendlich langen Abfahrt.
Wir werden im Camp von unserem Team – wie immer – perfekt verpflegt. Dann packen wir die Bikes auf unser Tragesystem und bringen diese zu Fuss bis auf 5200 Meter hoch. Total also 1000 Hm an diesem Tag. Es ist der höchste Punkt, den ich bis dahin erreicht habe. Die Bikes werden deponiert und zu Fuss geht es zurück ins Lager hinunter.
Heute ist der Tag der Gipfelbesteigung. Fast 1200 Höhenmeter sind es bis zum Uhuru Peak. Nach 500 Höhenmetern sind wir bei unseren Bikes. Von hier scheint der bevorstehende Schotteraufstieg nahezu senkrecht. Die Abfahrt hier hinunter stellte sich einige Stunden später als absolutes Spektakel heraus.
Die Träger unterstützen uns bis zum Kraterrand auf 5685 Metern. Fahren ist hier nicht möglich und die Schritte sind bewusst sehr langsam. Von der Höhe ist so nicht viel zu spüren. Dies sollte sich aber noch ändern. Denn der Schlussteil ist im Prinzip wieder fahrbar. Noch nie habe ich erlebt, wie es sich anfühlt auf fast 6000 Metern eine Rampe hochzudrücken… Auch mit kleinsten Gängen (die ich eigens für diese Tour montiert habe) kommt man da ziemlich schnell und ziemlich intensiv in eine Sauerstoffschuld. Jetzt kann ich mir vorstellen, wie es sich als Bergsteiger anfühlt, wenn man in den höchsten Bergen des Himalayas unterwegs ist.
Was nun folgt dürfte vermutlich ein Weltrekord sein. 4500 Tiefenmeter Abfahrt. Wir haben sie in zwei Etappen unterteilt. Von den Gletschern über die vegetationslosen Geröllfelder geht’s ins spärliche Grasland. Weiter durch buschiges Bergland hinein in den Dschungel und schlussendlich durch die Bananen-Plantagen dem Tal entgegen. Bis auf ca 100-150 Tiefenmeter ist die Abfahrt für versierte Biker komplett fahrbar.
Ein sprichwörtlich atemberaubendes Erlebnis, dass sich tief in mein Bikerherz eingebrannt hat. Ein Erlebnis wo mir sofort klar war, dass ich alles gebe, damit ich diese Tour 2022 das erste Mal offiziell in mein Tourenprogramm kommt!
Patrick, Urs, Jan, Andi, Francesco, Philipp und Martin ganz herzliche Gratulation und ganz herzlichen Dank für dieses einzigartige Bikeerlebnis!
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