Stundenlanger Trailgenuss und dies bereits im April. Im Herzen der Provence erwartete uns ein Frühlings-Trailrevier, welches man sich kaum vorstellen kann und bis heute unbekannt geblieben ist.
Dem zurückgekehrten Winter in der Schweiz entflohen, wurden wir im Val Durance mit kilometerlangen und staubtrockenen Trail-Träumen verwöhnt. Idealste Bedingungen, um unsere Kondition, Kraft und Technik-Raffinesse aufs nächste Level zu heben – und dies notabene bereits zu Saisonbeginn.
Ein ganzes Dutzend absoluter Top-Trails liegen in unmittelbarer Umgebung unserer Unterkunft. Diese Voraussetzung bietet mir die Basis, um ein maximal abwechslungsreiches Tourenprogramm auszuarbeiten. Der erste Tag ist bereits ein perfektes Warm-Up für unsere Bikewoche. Die Wege führen durch Kiefern- und Eichenwälder, zu Tälern hinunter und hoch zu herrlich gelegenen Aussichtspunkten. Wir lernen die Trails und ihren Charakter kennen und vor allem macht bereits der erste Tag so richtig Lust auf mehr – auf viel mehr….
Hoch über dem fruchtbaren und breiten Tal der Durance, fahren wir über aussichtsreiche Trails. Im Hintergrund ist Sisteron zu erkennen. Es ist das so genannte «Tor zur Provence». 218 v. Chr. führte Hannibal hier sein Heer vorbei um später am Col de Clapier die Alpen zu überqueren. 1815 kam Napoleon auf seinem Weg aus dem Exil zurück nach Paris. Und heute sind es wir, welche einige der faszinierendsten Trails der Region befahren. Wir reihen ein Trail an den nächsten bis es uns fast schwindlig wird. Am liebsten würde man jeden Trail ein zweites oder drittes Mal befahren.
Aber nicht nur die Trails faszinieren, wir befahren auch ein Stück der Römerstrasse «Via Domitia», welche das Römische Reich mit der Iberischen Halbinsel verband. Das Wegtrasse mit den 2000 Jahre alten Brücken ist abschnittsweise noch gut zu erkennen.
Am dritten Tourentag geht es auf „unseren“ Hausberg. Er ist nicht besonders hoch, aber fast sämtliche Höhenmeter werden auf Trails absolviert. Dabei befahren und erleben wir alle Seiten dieses Berges und schliesslich geniessen wir vom Gipfel eine Aussicht welche von der Barre des Ecrins (4102m), über die Provenzalischen Alpen und zum Hinterland von Marseille und weiter bis zum Luberon reicht. Während im Süden das Wetter perfekt ist, ist im Norden die mächtige Wolkenwand zu erkennen welche in den nördlichen Alpen noch mal eine satte Ladung Neuschnee beschert.
Die Tour ist so gestaltet, dass man heute auch gut eine Halbtagestour daraus machen kann. Mit allen die noch genügend Körner haben geht es dann auf die zweite Schleife, mit dem obligaten Flow-Speed-Supertrail.
Geologisch ist die Region enorm abwechslungsreich. Innerhalb kurzer Zeit wechselt nicht nur die Vegetation, sondern auch der Untergrund. Provenzalisches und alpines Ambiente verschmilzt hier im Val Durance zu einer einzigartigen Bergwelt. Die Trails sind unglaublich verspielt und bieten die ganze Bandbreite. Unterwegs im völlig verwinkelten Hinterland des Durance-Tals geht es durch Tälchen, über Pässe, Kreten und Gipfel. Die Orientierung ist schnell verloren. Es ist wie in einem im Trail-Labyrinth.
Der fünfte Tourentag ist ein Höhepunkt und zählt alpenweit zu meinen Top-Touren. Im Herzen der so genannten «Terre Noire» sind die Trails besonders spektakulär, einzigartig und faszinierend. Es scheint, als ob wir auf einem anderen Kontinent angekommen sind. Was wir gerade erleben, ist kaum in Worte zu fassen und in dieser Art für mich einzigartig im Alpenraum. Als Guide ist es ein Privileg, einer Bikegruppe dieses Bikemekka zu zeigen und gemeinsam zu erleben.
Heute hängen die Wolken tief. Nach über drei Wochen ist das erste Mal wieder Regen angesagt. Wir nutzen den noch trockenen Vormittag in vollen Zügen aus. Auf schnellstem und direktestem Weg geht’s zum Traileinstieg. Und dann erwartet uns noch mal ein Trailfeuerwerk von 1,5 Stunden Länge. Auf den völlig verspielten Trails geniessen wir noch mal die Exklusivität, Vielfalt und Schönheit unserer Bikeregion. Ein Trail ist schöner als der andere. Ganz herzlichen Dank euch allen für diese wunderschöne Bikewoche, die gemeinsamen emotionalen Momente und den wunderbaren Start in den Bikefrühling. Ein ganz grosses „merci beaucoup“ auch an Co-Guide Patrick!
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