Im Herzen der provenzalischen Bergwelt erwartete uns eines der exklusivsten „Frühlings-Bike-Reviere“ der Alpen. Auf insgesamt sieben Touren, wurden wir schon jetzt im April, mit allerfeinsten Trail-Leckerbissen verwöhnt. Kilometerlange und völlig verspielte Wege führten uns durch eine Bilderbuchlandschaft, die uns tief in den Bann zog. Während es zu Hause schneite, erlebten wir im Val Durance den Frühling von seiner schönsten Seite. Es duftete nach Thymian und anderen provenzalischen Kräutern, die Bäume blühten und die Wiesen leuchteten in allen Farben.
Zwei, drei oder gar vier Stunden Trails am Stück waren an der Tagesordnung. Perfekte Bedingungen, um die Technik-Raffinesse zu verfeinern und aufs nächste Level zu heben. Eine Woche lang jeden Tag Biketouren mit einem Trailanteil von 75 bis 90 Prozent.
Bereits der erste Tourentag zeigt die Klasse und Rasse unseres Reviers. Es sollte jedoch erst der Anfang sein. Denn mit all den Touren welche uns noch während dieser Bikewoche erwarten, kann ich auch den trailverwöhntesten Biker glücklich machen.
Unsere Unterkunft ist eine ehemalige Saumstation aus dem 17. Jahrhundert. Einst für den Saumverkehr strategisch ideal erbaut, liegt sie auch noch 400 Jahren später – diesmal für uns Biker – an ausgezeichneter Lage. In nächster Umgebung erwarten uns ein Dutzend Toptrails. Die Wege führen durch diese typisch provenzalische Naturlandschaft und lotsen uns durch malerische Eichenwälder, durch kleine Täler, über Kämme und Pässe hinweg und immer mal wieder zu wunderschönen Aussichtspunkten.
Kein Mensch weit und breit – es scheint, als hätten wir die Provence für uns alleine.
Nach einigen ausgiebigen Trailschleifen erreichen wir am zweiten Tourentag die feine und obligate Boulangerie. Sie ist weitherum bekannt, und wie üblich in Frankreich, kann man sich bei dem feinen Angebot kaum entscheiden.
Wir überqueren die Durance und auf der anderen Seite startet sogleich der lange Uphill. Unser Ziel ist eine 8 Kilometer lange und aussichtsreicher «Singletrail-Krete». Hoch über dem Talboden geniessen wir prächtige Panoramablicke in alle Himmelsrichtungen. Das Val Durance liegt uns zu Füssen. 218 v. Chr. zog hier Hannibal mit seinen 50’000 Soldaten, 9’000 Reitern und 37 Kriegselefanten vorbei. Von Spanien kommend führte er sein Heer in die Maurienne, um am Col Clapier die Alpen zu überqueren. 118 v.Chr. entstand im Val Durance die Römerstrasse Via Domitia. Sie verband Rom mit der Iberischen Halbinsel. Das Wegtrasse mit den über 2000 Jahre alten Brücken ist abschnittsweise noch gut erhalten. Heere, Händler, Pilger, Hirten, Könige, Kriegsherren und viele mehr sind hier einst vorbeigezogen. Heute sind es aufmerksame Biker, die noch die Spuren der Zeit erkennen. Diese Wege hätte definitiv eine Menge zu erzählen.
In unserem Bikegebiet wechselt Flora und Geologie in kürzester Zeit. Entsprechend abwechslungsreich und unterschiedlich sind die Trails. Und genau dies macht die Region für uns noch spannender. Am dritten Tag biken wir über Pässe, kleine Kämme und durch Bachläufe ins völlig verwinkelte Hinterland. Wir reihen ein Trail an den anderen – ich nenne diese Tour: «Trail-Labyrinth». Kaum zu glauben, aber bis heute ist diese Region, mit ihren riesigen Trailschätzen, bei Bikern nahezu unbekannt geblieben.
Der Wetterwechsel im Norden der Alpen hat auch Auswirkungen in der Provence. Bei zwar idealem Bikewetter bläst ab nun der Mistral. Oft sind wir jedoch in den verwinkelten Tälern unterwegs, wo er uns nur selten stört.
Heute starten wir zu einem Alpen-Highlight. Das Wetter für diese Tour muss stabil sein, denn ein überraschender Gewitterregen kann hier fatale Auswirkungen haben. Heute ist es auf jeden Fall perfekt und wir fahren eine Tour welche für mich zu den Top 10 Touren der Alpen zählt. Auf «schwarzen Trails» biken wir hinein in eine völlig andere Welt. Immer wieder erinnert mich diese Art von Biken ans Biken in Moab. Nur der Untergrund ist anders. So etwas kenne ich in den Alpen nur an diesem einen Ort. Wir können unser Biker-Glück kaum fassen und saugen diese Bike-Emotionen tief in uns auf. Das ist Mountain-Bike-Spirit vom Feinsten!
Am fünften Tourentag erwartet uns eine Uphill-Herausforderung der Region. Wir erreichen mit 1300 Meter den höchsten Punkt unserer Bikerwoche. Selbstverständlich könnte man auch in wesentlich höhere Regionen vordringen – die Tourenplanung ist jedoch so ausgelegt, dass unsere Touren auch funktionieren, wenn es einen schneereichen Winter gegeben hat. Dieses wie auch im vergangenen Jahr, gab es allerdings in den französischen Alpen einen ausgesprochen schneearmen Winter. 900 Höhenmeter auf Schotterwegen und Singletrails fordern Körner. Aber es lohnt sich, denn die Aussicht ist atemberaubend schön und reicht von hier bis zum Alpenhauptkamm und zum südlichsten 4000-er der Alpen (Barre des Ecrins – 4102 m). Im Norden ist gut die Wetterscheide zu erkennen. Nur 50 km Luftlinie entfernt gibt es in den Bergen des Pellvoux Massivs ergiebigen Schneefall.
Zum Abschluss biken wir noch mal ins völlig verwinkelte Hinterland. Provenzalisches und alpines Ambiente verschmilzt hier im Val Durance zu einer einzigartigen Bergwelt. Die Trails sind unglaublich verspielt und bieten auf kurzen Distanzen die ganze Bandbreite. Unsere Reifen rollen über Felsplatten, durch Bäche, über Waldboden, Sand und Erde. Völlig verspielt geht es durch Wälder, über Wiesen und Kreten, durch Flanken und hinein in kleine Schluchten. Die Vielfalt, Abwechslung und Schönheit macht dieses Bikerevier absolut einzigartig. Ein Trail ist schöner als der andere. Hier erleben wir «Trailriding» vom Feinsten.
Chrigel, vielen Dank für dein grossartiges Co-Guiding! Ganz herzlichen Dank euch allen für diese wunderschöne Bikewoche, all die Emotionen und den gemeinsamen Start in den Bikefrühling.
Kommentare