Vom heiligen See der Sami bis auf den Gipfel des ältesten Berges der Erde (7. – 14. März 2025)

Dreihundert Kilometer nördlich vom Polarkreis startete unser Abenteuer. Einsamste Natur begleitete uns auf dem langen Weg gen Süden. Klare Polarluft, blauer Himmel, Sonnenschein, tief verschneite Tannen und klirrende Kälte – der Winter zeigte sich von der schönsten Seite. Die Natur gab den Takt vor, die Zeit ging vergessen. Demut, Dankbarkeit und eine tiefe innere Zufriedenheit lösten Glücksgefühle aus, welche uns für immer prägen.


In Ivalo beim Inarisee startet unsere Fatbike-Expedition. Der über 1000 km2 grosse See hat 3300 Inseln und hat eine grosse Bedeutung in der Mythologie der Sami. Es ist der einzige Tag auf unserer Tour, an welchem Schneefall angesagt ist. Über zugefrorene Flüsse, über Hügel und durch malerische Wälder biken wir heute nach Saariselkä. Bis in die 1960-er Jahre war der Ort völlig unbekannt und war ausschliesslich von Sami bewohnt welche hier ihre traditionellen Lebensweisen mit Rentierzucht und Jagd pflegten. Der Schnee rollt gut, wir kommen zügig voran und erreichen das Ziel mit genügend Reserven was für die kommenden langen Tage wichtig ist.


Schnell haben wir Saariselkä hinter uns gelassen und mit jedem Kilometer wird es einsamer und ruhiger. Die Natur hat definitiv das Zepter übernommen. Die 10 cm Neuschnee von gestern, beschenken uns für die nächsten Tage mit einer zusätzlichen Steigerung dieser Bilderbuch-Winter-Landschaft. Unberührte Natur, Sonnenschein, blauer Himmel und Temperaturen um -5 Grad – Fatbiken in dieser Wildnis ist ein unendliches Privileg.
Nun biegen wir ein auf die Spuren der Goldsucher, denn hier begann in den 1860er Jahren der Goldrausch von Lappland. Er war kurz und intensiv und zurückgeblieben ist nur der kleine Ort Tankavaara wo alles begann. Heute gibt es hier ein Museum und einige wenige Holzhäuser, welche an den Wild-Westen erinnern.


Offene Kiefern- und Fichten-Wälder säumen unsere Tour. Aus der grösstenteils eher flachen Umgebung erheben sich vereinzelte Fjells. Zeichen der Zivilisation sind längst verschwunden. In einer solchen Natur existiert nur noch die Gegenwart. Ich lebe völlig im Hier und Jetzt, was in mir eine tiefe innere Zufriedenheit auslöst. Eine heisse Lachssuppe, zubereitet von Betreuer Aimo, inmitten dieser unendlichen Natur, wird zu einem Gourmet-Essen erster Klasse. Unser Ziel ist eine winzige Siedlung am Kitinen-Fluss mitten im absoluten Nirgendwo. Der Fluss hatte in der Vergangenheit eine gewisse Bedeutung für die Holzflösserei. Heute läuft hier gar nichts mehr – abgesehen von den Nordlichtern, welche wir an diesem Abend erleben durften.


Die Nacht war sternenklar und die Temperaturen sanken in den Keller. Satte -25°C zeigt das Thermometer beim Start an. Die Langfristprognosen sagten für diese Woche ein Minimum von -7°C voraus. Trotzdem richte ich mein Bekleidungsmanagement für Lappland immer darauf aus, dass auch biken mit bis zu -40°C funktionieren würde.
Ein knackig-kalter Morgenstart gehört in Lappland einfach dazu. Es ist jedes Mal beeindruckend schön, wenn der Schnee unter den Reifen knistert, sich am Bike, an Kleidern und an den Haaren Schneekristalle festsetzen. Ruckzuck sehen wir aus wie Polarmänner- und Frauen.
Nach Inari erreichen wir heute die zweigrösste Gemeinde Lapplands. Fünfmal so gross wie Luxembourg mit einer Bevölkerungsdichte von 0,7 Personen pro km2. Bis 1807 gehörte sie zu Schweden, danach zu Russland und ab 1917zu Finnland. Nach 3 Tagen Einsamkeit erreichen wir das erste Dorf. Im 17. Jh. war der Ort an den beiden Flüssen Kitinen und Jeesiöjoki ein wichtiger Handels- und Verkehrsknotenpunkt.


Der zweitletzte Tag bringt uns an den Fuss des mystischen Pyhätunturi. Der 514 Meter hohe und 35 Kilometer lange Bergrücken hebt sich deutlich von der flachen Umgebung ab. Bereits bei der Anfahrt taucht er immer wieder am Horizont auf. Wiederum rollt der Schnee ausgesprochen gut und wir fahren ein zügiges Tempo. Wir passen das Programm an und entschliessen uns, dass wir noch am heutigen Tag den Gipfel erklimmen.
Wir checken im Hotel ein und um 16 Uhr startet der Abend-Ride. Und was wir da an Landschaftsbildern und Emotionen während des Sonnenuntergangs erleben, ist die Krönung dieser Tour. Es ist das beeindruckendste, was ich bis anhin mit dem Fatbike erleben durfte. Maaaagisch…


Und weil uns diese Befahrung und diese Fatbike-Trails so tief in den Bann gezogen haben gibt es am letzten Tag noch mal eine Programmänderung. Ich stelle eine Strecke zusammen, die möglichst viele dieser genialen Schnee-Trails miteinander verbindet und uns noch mal über den Pyhätunturi führt.
Es ist mit 2,5 Milliarden Jahren eines der ältesten geologischen Gebirgssysteme der Erde. Mitten in Zentrallappland gelegen besteht der 35 km lange Bergrücken aus harten Quarziten, die der Erosion standhalten konnten. In der samischen Mythologie wird der Berg als ein heiliger Ort angesehen mit spiritueller Bedeutung. Er gilt als Wohnort von Göttern und spirituellen Wesen, und es wird angenommen, dass er eine starke, energetische Ausstrahlung hat.


Am letzten Abend wurde unser Erlebnis noch mit einzigartigen Nordlichtern gekrönt. Nach dem Glauben der Sami sind die Nordlichter Funken, welche vom Feuerfuchs erzeugt werden, wenn dieser über die verschneiten Hügel läuft und dabei mit seinem buschigen Schwanz den luftigen Pulverschnee aufwirbelt. Das war das Pünktchen auf dem «i» bei diesem Cross vom heiligen See zum heiligen Berg der Sami. Euch allen ein ganz grosses Danke, für dieses einzigartige und emotionale Erlebnis das mich tief bewegt.

Kommentare

Felix Vogel
16. März 2025
Ja Luki, diese Tour war landschaftlich und Wetter bedingt das Highlight von all denn Lappland Cross. Innere Ruhe und Zufriedenheit kannst in dieser Region finden. Mit gutem Kleider Management kann man das wirklich geniessen. Zum Glück gibt’s das Fatbike, sonst müsste man es noch erfinden. Danke Luki und der super Truppe und Aimo für die geniale Betreuung. Immer wieder gerne

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