Wie zu Stein erstarrte Flammen ragen die östlichen Dolomitenfelsen gen den Himmel. Es sind die spitzesten und elegantesten Felszacken dieser Gebirgsregion. Filigran, faszinierend und atemberaubend schön. Auf vergessenen Wegen, auf wilden Alpinitrails und über alte Saumrouten tauchten wir mit unseren Bikes in das innerste dieser Felsbastion. Wir erlebten eine verborgene Welt von atemberaubender Schönheit, die für immer in Erinnerung bleibt.
Kaum erkennbar führt ein ehemaliger Militärweg aus einem engen Talschluss ins scheinbare Niemandsland. Je höher wir kommen, desto mehr öffnet sich das Gelände. Rund um uns herum erkennen wir weitere Täler und Übergänge – sie zeigen wie weit verzweigt diese Region ist. Der erste von insgesamt einem Dutzend spektakulärer Gebirgspässe ist geschafft. Reste einer prähistorische Wallburg auf 2600 Metern, zeugen von der einstigen Wichtigkeit dieser abgelegenen Gebirgsregion. Mehrere Täler treffen hier zusammen und können über verschiedene Pässe verlassen werden. Schon kurz nach dem Start sind wir mitten drin im Abenteuer «Giro dei Dolomiti».
Wir starten mit einer Abfahrt in den zweiten Tourentag und dies am Berührungspunkt dreier verschiedener Täler. Funde aus der Steinzeit sind Zeugen, dass diese Übergänge schon vor Jahrtausenden genutzt wurden. Wie alle Dolomitenpässe hatten sie jedoch nur regionale oder lokale Bedeutung da sich die Dolomiten nicht im Alpenhauptkamm befinden. Die grossen Überregionalen Routen führten also um dieses Gebirgsmassiv herum.
Wir befinden uns inzwischen im Ladinischen Sprachraum. Der Kontrast von saftig grünen Alpweiden und den Kalkfelsen beeindruckt mich hier immer wieder. Mit dem Duft von Alpenrosen in der Nase geniesse ich jeden Schwung auf diesem Weglein.
Es ist kühl, die Luft ist klar und entsprechend faszinierend ist die Sicht. Im Angesicht der drei Zinnen rauschen wir auf einem knackigen Trail dem Tal entgegen. Es ist ein alter Nachschubweg der italienischen Alpini aus dem 1. Weltkrieg. Kaum vorstellbar, dass der Frontverlauf vor 100 Jahren mitten durch diese einzigartig schöne wie wilde Region führte. Wir blicken in tief eingeschnittene Täler und zu atemberaubend schönen Felsbastionen. Schon beim Start werden wir auf dem Trail gefordert und mit einer Szenerie verwöhnt, die uns für immer in Erinnerung bleibt.
Heute werden wir vom längsten Kammtrail unseres «Giro dei Dolomiti» verwöhnt. 1500 Meter über dem Talboden und im Schnittpunkt vom Veneto, Südtirol und Osttirol geht es über kilometerlange Trails gen Osten. Das Wetter fordert zu einer längeren Pause. Aber dann reist es auf und wir erleben auf diesem Trail ein stundenlanges Panorama zu den weissen Kalksteinwänden der Bosconero-Gruppe, der Marmarole- und Sextener Dolomiten. Wir fahren fast den ganzen Tag parallel einem Kranz von Zacken, Türmen und Wänden entlang. Die lange Pause hat sich gelohnt – kurz nach 19 Uhr treffen wir im Hotel ein mit unzähligen Trail-Eindrücken.
Bereits die Kelten, Illyrer, Etrusker und vor allem die Römer waren in den tief unter uns gelegenen Tälern unterwegs. Die alte Route der Römer wurde bis ins 18. Jahrhundert genutzt, was für den Alpenraum einzigartig ist. Alle anderen Routen sind nach dem Untergang des römischen Reiches, 476 n. Chr., mehr und mehr verfallen.
Das unbeständige und gewitterhafte Wetter fordert mich bei der Planung. Ständig ändernde und unterschiedlich Wetterprognosen lassen mich – wie früher – vermehrt auf die Wolkenbilder achten. Ich verlasse mich auf meine Erfahrung und mein Bauchgefühl. Von der rund 2 bis 3 Stunden langen und exponierten Kammbefahrung sehe ich ab und gestalte eine komplett neue aber genauso spektakuläre Route. Eine Tour, wo ich auf schnelle Wetteränderungen besser reagieren kann und wo es im Notfall auch Schutzhütten gibt.
Ein weiteres Mal blicken wir zum Wahrzeichen der Dolomiten – den 3 Zinnen. Wir haben den Gipfel und die Szenerie für uns allein.
Der Entscheid einer neuen Tour war richtig wie sich schon wenig später zeigen sollte…
Es ist der letzte und zugleich höchste Pass unserer Tour. Auf über 2600 Meter blicken wir zurück auf eine wunderschöne Almenlandschaft und zugleich noch mal mitten hinein in «unsere» Dolomitenfelsen. Urkunden belegen, dass im 12. Jahrhundert bayrische Klöster im Besitze einiger dieser Almen waren, was bereits auf eine frühe agrarwirtschaftliche Bedeutung und Nutzung hindeutet.
Auf der anderen Passseite erwartet uns eine Abfahrt, welche ich zu den schönsten der Ostalpen zähle. Ausgesprochen abwechslungsreich leitet sie uns durch ein immer schmaler werdendes wildes Tal hinunter. Von den wenigen Wanderer gibt es erstaunte wie ungläubige Blicke. Ziemlich selten dürften hier Biker unterwegs sein und vielleicht guide ich hier gerade den ersten Alpencross über diesen unbekannten Dolomiten-Pass.
Ein riesiges Danke an alle für dieses einzigartige Dolomiten-Erlebnis. Es war wunderschön, einzigartig und einmalig mit euch zusammen diese Emotionen zu erleben und den Bikespirit zu geniessen! Grazie mille!
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