Trail-Historie und Bikespektakel im Valle Susa 22. – 29. Juli

Es ist das vielleicht grösste historisch noch intakte Wegnetz der Alpen. Als Biker erlebten wir hier im Valle Susa Trailgeschichte die bis in die Zeit der Ligurer zurückreicht. Eine Woche bestes Wetter, Trailgenuss vom Feinsten, gutes Essen und wunderbare Emotionen mit meinen Bikefreunden.


Der Talfluss Dora Riparia stellt die Grenze dar zwischen den Cottischen und den Grajischen Alpen. Es gibt nur wenige Alpenregionen, wo die historischen Wege in höhere Lagen führen als hier im 70 Kilometer langen Valle Susa. Der Höhenunterschied vom höchsten zum tiefsten Punkt beträgt satte 3000 Höhenmeter, entsprechend spektakulär und abwechslungsreich ist es für uns Biker. Auf Hannibal’s Spuren überqueren wir heute die Alpen. Unsere Route gleicht einer Zeitreise durch die verschiedene Geschichtsären dabei staunen wir über die Wegbaukunst vergangener Epochen.
Im Herbst 218 v.Chr. überquerte der Karthagische Heerführer Hannibal auf diesem Weg die Alpen. 14 Tage benötigte er um mit seinen 30’000 bis 50’000 Mann, 9000 Reiter und 37 Elefanten ins Susatal zu gelangen. Vor 20 Jahren überquerte ich diesen Pass das erste Mal – 26 Zoll, Hardtail und V-Brake waren das Mass der Dinge. Die Abfahrt war damals mehr Qual als Genuss. Heute ist es ein Spektakel mit Genuss!


Kilometerlang biken wir auf einem 1886 erbauten Militärsträsschen in die Höhe. Imposante Felswände und ein stockfinsterer Tunnel fasziniert. Wettermässig werde ich an diesem zweiten Tourentag am meisten gefordert. Das Wetter ist und bleibt den ganzen Tag über «dynamisch». Immer wieder entwickeln sich Gewitterzellen – bis anhin in der weiteren Umgebung. Kurz bevor wir den langen Kammrücken erreichen, von wo wir noch zwei Gipfel befahren hätten, entscheide ich mich in die Abfahrt einzubiegen. Zu riskant ist mir die Wettersituation. Es geht rasant bergab und vorbei an einer alten Bergbaumiene aus dem 19. Jahrhundert. In den Alpen gab es unzählige Mienen – aber kaum eine hat je rentiert. Vor allem nicht solche welche so abgelegen und schwer erreichbar waren wie diese hier. Auf Knappen-Wegen und später auf uralten Wasserkanal-Wegen rauschen wir dem Tal entgegen.


«Es führen viele Wege zum Ziel». Nach diesem Motto erklimmen wir auf einer maximal spannenden Route die höchste historische Militärfestung der Alpen. DAS Gipfelziel der Westalpen auf über 3100 Metern. Der Zahn der Zeit nagt am alten Wegtrassee. Mit Bärenkraft ist aber nach wie vor das meiste fahrbar – ein ultimativer Kraft- und Konditionstest, der mit jedem Höhenmeter spektakulärer wird. Ganz zum Schluss würde bei wolkenlosem Himmel die Sicht gar bis zum Mont-Blanc reichen. Heute begnügen wir uns mit dem Pellvoux Massiv (südlichster 4000-er) im Westen, dem Monviso im Osten und mit einer atemberaubenden Perspektive in die tief unter uns gelegenen Täler. Bei mir war es die sechste Befahrung – jedes Mal war es eine grosse Herausforderung, welche auf dem Gipfel mit einem intensiven Glücksgefühl gekrönt wurde.


Über drei Pässe hinweg fahren wir in die hintersten Talschlüsse der gottverlassenen Waldensertäler. Die Waldenser sind eine protestantische Glaubensgemeinschaft, die ihren Ursprung im 12. Jahrhundert in Südfrankreich hat. Während des Mittelalters wurden sie von der katholischen Kirche verfolgt. Zuflucht fanden sie in den schwer zugänglichen Valli Chisone, Germanasca und Pellice. Diese Abfahrt muss sprichwörtlich verdient werden. Es sind lange und fordernde Höhenmeter. Aber dann öffnet sich ein Abfahrtstrail der zu den besten der Westalpen gezählt werden darf. Ein nahezu unendliches Trailfinale durch einsamstes Bergland. Ich vermute, dass es einer von diesen sagenumwobenen Waldenser-Wegen ist.


Im Grenzgebiet von den Cottischen Alpen und der Dauphine ändert sich das Landschaftsbild innerhalb von wenigen Metern. Schon bald fährt man über ein trockenes, steiniges und baumloses Hochplateau, welches mich ein wenig an die Steppenlandschaft am Kilimanjaro erinnert. Ähnlich schnell ändert sich die Vegetation und Geologie wieder auf der anderen Kammseite – dann fliegt man nämlich auf herrlichen Trails durch üppige Alpweiden und lichte Tannenwälder dem Tal entgegen. Bei einem herrlich gelegenen Rifugio stärken wir uns bevor eine weitere «kleine» Uphill-Challange auf uns wartet. Selbstverständlich gefolgt mit kilometerlangen Singletrails.


Im Schnittpunkt zwischen dem Valle Susa und dem okzitanischen Valle Chisone erwarten uns unzählige Trails. Während sie im Valle Susa gut gepflegt sind, so sind sie im Chisone Tal deutlich wilder. Seit 1-2 Jahren werden die alten Wege wieder «reanimiert», resp markiert. Der Eine oder andere Abschnitt hat Pinier-Charakter. Aber dann werden sie immer flüssiger und wir rauschen in hohen Tempo zurück ins Susatal. Unendlich lange Höhentrails mit faszinierenden Aussichten. Stundenlanges «Trailen» wie es schöner nicht sein kann. Ich liebe das Piemont!
Ganz lieben Dank für die gemeinsamen Berg- und Trailerlebnisse im Valle Susa. Mountainbiking a la Westalpen mit Emotionen die ganz, ganz tief gehen! Grazie mille!

Kommentare

Marcel Müller
5. August 2023
Es war wieder eine geballte Woche mit Bikeerlebnissen vom Feinsten. Uphills - Trails - Downhills beinahe ohne Ende. Und am Abend gemütlich zusammensitzen und geniessen. Was begehrt das Bikerherz mehr. Besonders beieindruckend war natürlich die Tour auf den "Chaberton" auf 3131 m. Auf dem Gipfel angelangt, sind die 1800 hm Anstieg am Stück vergessen. Es galt nur, die unglaubliche Aussicht zu geniessen, obwohl diese zerstörte Alpenfestung uns schon auch zum Nachdenken brachte. Wie immer war es eine sensationelle Woche mit sensationellen Guides, Luki + Ueli, und tollen Bike-Kollegen. Und..... bis zum nächsten Bike-Abenteuer.
Hans Rudolf und Susanne
4. August 2023
Alte Militär- und Römerwege, Trails, Trails, Trails, tolle Landschaft, historische Geschichten, gutes Essen, perfektes Wetter in Lukis "zweiter Heimat". All das durften wir mit der Plaisirgruppe unter der kompetenten Führung von Ueli miterleben. Besonders gut hat uns auch die Toleranz, das Verständnis und die Hilfsbereitschaft in unserer Gruppe gefallen. Noch einmal besten Dank an Luki und Ueli
30. Juli 2023
unglaublich schöne Momente bleiben in Erinnerung; sei es die wundebare Landschaft , die Aussicht, die teils anstrengenden Uphills, oder die unglaublich schönen nicht endenden Trails welche wir mitgenommen haben ....eine HAMMER Woche... unglaublich dankbar dies erlebt zu haben; Merci Euch Luki & Ueli
Stefan
29. Juli 2023
Was für ein sensationelles Bikcamp! Das Piemont von einer ganz anderen Seite kennenzulernen war einmalig. Wunderschöne Trails, vor allem abwärts, waren unter der der Leitung von Luki der Hammer. Eine Trailwoche die ich wohl nicht mehr vergessen werde.
29. Juli 2023
Danke Luki für deine Guidingkünste und die sorgfältige Optimierung wenn es darum geht möglichst viel Singletrail aneinander zu hängen.
29. Juli 2023
Was für ein Erlebnis! Westalpen "at is best". Obwohl es mir vergönnt war, die gesamte Zeit des Camps dabei zu sein, habe ich die Tage in dieser wunderschönen Bergwelt in vollen Zügen genossen. Biken mit Gleichgesinnten macht einfach sehr viel Spass. Ich durfte sehr viele neue Kollegen kennenlernen, welche der gleichen Passion wie ich frönen. Untergebracht in der wunderschönen Ambiente des Hotel Etoîle des Neige im alten Teil von Sauze und verköstigt in der Restaurant/Bar direkt neben dem K2 Hotel. Die "Bluemli Gruppe" unter der umsichtigen Leitung von Ueli, genoss bei täglichem Sonnenschein die unzähligen Trails und täglichen Uphills, welche meist moderat ausfielen. Vielen Dank Ueli! Das ist definitiv nicht mein letztes Camp mit Luki und bleibt für immer in meinem Herzen.

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