Tourenbericht „Gran Travesia del Pirineos” (7. – 22. Juli)

Vom Atlantik durch das gesamte Pyrenäen-Gebirge bis zum Mittelmeer. In 14 Etappen traversierten wir die Pyrenäen in der gesamten Länge von West nach Ost. Zwischen Baskenland und Katalonien überquerten wir ein Dutzend Mal den Hauptkamm. Ein einzigartiges Bike-Abenteuer das uns mitten durch eines der ursprünglichsten und wildesten Gebirgsmassive Europas führte.

Es ist der vierte Biketag und wir sind bereits tief in das Abenteuer „Pyrenäencross“ eingetaucht. Das Baskenland liegt hinter uns und wir haben die Zentralpyrenäen erreicht – wir fahren mitten durch das Reich der letzten Pyrenäenbären. Ein gutes Dutzend dieser vom Aussterben bedrohten Tierart lebt noch in diesen fast menschenleeren Regionen. Die Dimensionen dieses Plateaus sind schwer fassbar – während ich stehen bleibe und fotografiere „verschwinden“ die vordersten Biker langsam am Horizont und werden geradezu von den Weiten dieses Gebirgswelt verschluckt.

Wir erklimmen nicht nur den höchst anfahrbaren Punkt der Pyrenäen, wir fahren auch am Rande der tiefsten Schlucht Europas entlang – der Grand Canyon der Pyrenäen. Bis wir diesen Ausblick geniessen können gibt es 1200 Höhenmeter steiler Schotterweg. Aber das Panorama belohnt und bleibt allen für immer in Erinnerung. Die höchsten Berge sind bereits über 3300 Meter hoch. Dieses Jahr sind sie ungewohnt früh schneefrei. Über 160 verlassene Dörfer gibt es hier in diesem Pyrenäen-Abschnitt. Die Bevölkerungsdichte ist eine der geringsten in ganz Europa.

Fast drei Stunden biken wir über diesen Trail. Es ist der alte Bewirtschaftungsweg eines Wasserkanals. Mitten durch lotrechte Felswände und kleine Tunnels verläuft er hunderte von Metern über dem Talboden. Das Tal war bei Verfolgten des Franco-Regimes aber auch bei Partisanen eine wichtige Fluchtroute hinüber nach Frankreich. In den weit abgeschiedenen Dörfern wird noch das seltene Chistabin gesprochen, einen der lebendigsten Dialekte des Aragonés. Die Sprache aus dem 8. Jahrhundert konnte sich nur noch in wenigen Bergtälern halten.

Es ist der vielleicht kräfteraubendste Anstieg unseres Pyrenäen-Crosses der uns in diese gottverlassene Bergwelt führt. Es ist ein steiler und schottriger Bewirtschaftungsweg zu einem kleinen Stausee. Nirgends im Pyrenäenkamm gibt es so viele 3000-er wie hier. Die Abfahrt zeigt ihre Zähne und beschenkt auch die versiertesten Techniker mit einigen Herausforderungen. Nach der knackigen Trailabfahrt fahren wir noch 45 Minuten in rasantem Tempo Tal auswärts bis wir das erste Dorf sehen.

Gerade haben wir unseren spektakulärsten Pyrenäen-Pass überwunden. Genau gegenüber dem höchsten Berg der Pyrenäen (3404 Meter) führt er uns nach Frankreich hinüber. 70 Serpentinen führen ins Tal hinunter. Es ist ein historischer Passweg auf dem bis zum 19 Jahrhundert der grenzüberschreitende Warenverkehr mit Verträgen geregelt war. Faszinierende Weganlagen und Hospize sind Zeugen der einstigen grossen Bedeutung. Er ist weit und breit der am besten ausgebaute Passweg – wer ihn nicht nutzen wollte musste riesige Umwege in Kauf nehmen. Auch für mich ist dieser Übergang immer mit einer gewissen Spannung verbunden. Denn das Wetter muss passen um diesen knapp 2500 Meter hohen Pass mit seinem gewaltigen Felseinschnitt zu passieren. Kommt dazu, dass die Region mit dem Pico de Aneto eine Wetterküche ist und innerhalb kurzer Zeit gewaltige Gewitter entstehen können. Nicht umsonst starten wir bei diesem Tourentag jeweils um 6 Uhr in der Früh.

Mit fast 2800 Meter haben wir unseren höchsten Punkt erreicht. Zwei Kilometer über dem Talboden ist die Aussicht gewaltig. Im Grenzgebiet von Andorra und Spanien startet mit 3300 Höhenmeter nicht nur unsere Königsetappe sondern es gibt mit 1700 Höhenmeter auch den längsten Up-Hill dieser Tour. Ab hier teilen sich die Pyrenäen in mehrere grosse Bergkämme auf – nirgends sind sie so breit wie hier. Kaum vorstellbar, dass sie in vier Tagen zu Ende sind und „unsere“ Pyrenäenberge im Meer „versinken“.
Einmal mehr durfte ich mit einer ganz feinen Gruppe dieses gewaltige Pyrenäen-Abenteuer erleben. Vielen herzlichen Dank euch „Pyrenäen-Crossern“ für diese Zeit und diese einzigartigen Emotionen. Muchas gracias!

Kommentare

12. August 2017
Noch einmal vielen Dank für die tollen zwei Wochen in den Pyrenäen. So lange und schöne Abfahrten habe ich noch nie gesehen!!!! Ueli
28. Juli 2017
Hey Luki, das war ja wiedereinmal EXTRAKLASSE!!! Du hast uns die längsten Trails, strengsten Uphills, schönsten Wildheiten und verlassensten Dörfchen gezeigt - Pyrenäen par excellence! Wir werden bestimmt wieder kommen und (nach gehöriger Erholung) auch gerne wieder ein Abenteuer mit dir wagen.. ;-). Vielen Dank an dich und die ganze tolle Mannschaft für diese beiden unvergesslichen Wochen!
26. Juli 2017
Dir nochmals ganz herzlichen Dank für all die supergeilen Trails die du mir auf dieser Tour gezeigt hast – du bist einfach der Beste wenn es um geniale Trails geht (das entschädigt auch immer wieder für die ‘oberanstrengenden’ Uphills welche du standardmässig zuvor einbaust ) Veli Grüess und bis bald Andy
Röthlin Erich
23. Juli 2017
Luki hat uns in den zwei Wochen die Pyrenäen auf eine Art gezeigt , wie es wohl nur wenige Leute erleben können . Diese vielen alpinen Passübergänge , die endlosen Single Trails , die vielen einsamen und auch wunderschönen Dörfer , die wir sehen konnten , wow , das war ein unvergessliches Erlebnis . Wie gewohnt , war alles perfekt organisiert und alles lief Fehler fei ab . Luki ist einfach in jeder Hinsicht ein Profi ! Vielen Dank Luki , für die unvergesslichen 14 Tage Bike Erlebnis , auf höchstem Niveau ! Erich
Berger Heinz
23. Juli 2017
Glückwünsche für die erfolgreiche Travesia und viele Grüsse Heinz Berger

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