Fatbike-Expedition zur Barentssee (3. – 10. März)

Dreihundert Kilometer nördlich des Polarkreises startete unsere Fatbike-Expedition in den höchsten Norden des europäischen Festlandes. Mitten im grössten Wildnisgebiet Europas bikten wir durch Finnisch und Norwegisch Lappland bis zur Barentssee. Wir erlebten atemberaubende Naturschauspiele, tiefgreifende emotionale Momente, einzigartige Stimmungen und absolute Einsamkeit. Einmal mehr wurde ich vom hohen Norden tief in den Bann gezogen.


Während in der Schweiz der Frühling einkehrt, erleben wir in Lappland einen märchenhaften Winter. Die tief verschneiten Winterlandschaften, die klare Luft und die klirrende Kälte geniesse ich in vollen Zügen. Wie sehr habe ich dies in den vergangenen drei Monaten zu Hause vermisst. Auf unserer ersten Etappe Richtung Polarmeer sind die Temperaturen mit knapp -10 Grad noch moderat. Ideal um uns an die kommenden sehr kalten Tage zu gewöhnen. Wir machen uns vertraut mit den Schnee- und Wetter-Gegebenheiten des hohen Nordens aber auch mit unserem neuen und sehr umsichtigen und engagierten Betreuer Aimo.


Der zweite Tag ist kilometermässig der längste. Wir fahren durch einige der verwinkelsten Regionen des Inarisee – der heilige See der Sami. Offenes Gewässer wechselt sich ab mit Inseln, Landzungen und kleinen Fjorden. Die Temperaturen sind in die Tiefe gerauscht. Minus 20° Grad wird ab nun zur Norm.
Das Mittagessen geniessen wir heute in einer kleinen Wildnis-Hütte. Am heissen Schweden-Ofen wärmen wir uns auf und werden dabei von einer dampfenden Lachssuppe verwöhnt.
Kurz nach dem Mittagessen treffen wir auf mehrere Husky-Gespanne. Für die Hunde waren wir wohl die ersten Fatbiker, welche ihnen in diesen Weiten begegnet sind. Für uns ist diese Spur ideal – wir folgen den nächsten Kilometern ihrer Fährte.
Das Wetter wird immer besser, die Wolken verziehen sich und am Abend erleben wir einen herrlichen Sonnenuntergang (Aufmacherbild) und später dann einen faszinierenden Vollmond.


Minus 30° Grad zeigt das Thermometer heute früh an. Die Durchschnittstemperatur dieses Tourentages war bei -15°C, da schätzt man die Sauna am Abend gleich doppelt. Mit guter Kleidung, viel Bewegung, heissem Tee und Suppe lässt sich diese Temperatur gut bewältigen.
Wir fahren mit unseren Fatbikes bis zum Ende des Inarisee. Ganze 3000 Inseln hat er und ist zugleich der tiefste See Finnlands. Seine Fläche ist doppelt so gross wie die des Bodensees. Der Schnee ist kompakt und wir kommen ausgesprochen zügig voran. Wir sind so gut im Zeitplan, dass wir den Tag um 2 ½ Std. verlängern und statt in der kleinen Selbstversorger-Hütte noch bis zu einem kleinen Hotel weiterfahren. Bei einer Bevölkerungsdichte von 0,46 Einwohner pro km2 sind Unterkünfte ein rares Gut. Im Anbetracht der noch tieferen Temperaturen, welche für morgen angesagt sind, gönnen wir uns heute Abend gerne etwas Luxus.


Die Morgenstimmung zieht uns in den Bann. Die Tage sind mit 13 Stunden relativ lang aber die Sonne steht nur wenig über dem Horizont und entsprechend lang sind die Schatten. Die Jahresdurchschnittstemperatur beträgt −1,3 °C und eine bleibende Schneedecke herrscht hier meist zwischen Ende Oktober und Mitte Mai. Die Etappe von heute führt uns durch die Region mit der grössten Seendichte Finnlands. Entsprechend oft fahren wir über kleine Erhebungen und erreichen immer wieder neue kleine Seen und Teiche, die wir überqueren. Nur im Winter wenn alles zugefroren ist, ist für uns diese Region und diese Landschaft überhaupt per Bike erreich- und erlebbar.
Der Landschaftstyp ändert sich nun mit jedem Meter, den wir Richtung Norden kommen. Die Föhrenwälder weichen mehr und mehr den Birken. Bald tauchen wir komplett ein in die Tundra-Vegetation.


Es sind unglaubliche Weiten, die sich öffnen. Absolut allein sind wir unterwegs. Der Das Licht, die klare Polarluft und die unberührte Landschaft haben eine faszinierende Magie. Nur das Knirschen unserer Reifen ist zu hören. Fatbike-Spirit vom Feinsten.
Das Gelände wird coupierter – wir erreichen die letzten Ausläufer der „Skanden“, dem 1700 km langen Skandinavischen Gebirge. Durch die sehr nördliche Lage herrschen hier extreme jahreszeitliche Unterschiede in der Sonnenscheindauer. Zwischen 24. Mai und 21. Juli scheint die Mitternachtssonne, entsprechend herrscht zwischen 4. Dezember und 8. Januar die Polarnacht.


Um ans Polarmeer zu kommen müssen wir Finnisch Lappland verlassen und die Grenze nach Norwegen überqueren. 1852 gab es hier eine neue Grenzziehung zwischen Schweden-Norwegen auf der einen und dem Grossfürstentum Finnland auf der anderen Seite. So reicht Finnlands Grenze heute nicht mehr bis zur Nordägäis. Dann nach 300 km ist es geschafft – wir sind am «Strand» des Nordpolarmeers. Ein gewaltiger Moment, den wir an einem der nördlichsten Landzipfel Europas erleben. Über Jahrhunderte wurden hier durch den Mut von Seefahrern, Abenteurern und Pionieren die spektakulärsten Abenteuergeschichten geschrieben. Heute aber schreiben wir an dieser Stelle und für uns persönlich ein Stück Abenteuergeschichte. Ein Abenteuer, das uns für immer in Erinnerung bleiben wird.


Wir hätten uns so schön ans Fatbiken, die Temperaturen, an die Lichter und Stimmungen gewöhnt – aber leider geht es nach einer Woche wieder zurück. Wir lassen es uns nicht nehmen und machen noch den obligaten Fatbike-Flowtrail-Morgen-Ride bevor wir nach Hause reisen. Wir sind einfach nur happy und geniessen diesen letzten Augenblick im hohen Norden.
Euch allen ein ganz grosses Danke für dieses einzigartige Erlebnis, das mich auf vielen Ebenen tief bewegt.

Kommentare

Aimo Koistinen
14. März 2023
Hi! Thanks a lot for using my services. I was my pleasure to meet you all. All best for everybody. See you next time.
13. März 2023
Ein Erlebnis der Superlative! Wir werden das Abenteuer Lappland ewig in unseren Herzen tragen - einfach eine hammer Expedition :-) Danke Luki für die super Organisation. Auch ein grosses Dankeschön an Aimo. PS: Was antwortet man einem finnischen Schneetöff-Fahrer, wenn er fragt: Pitääkö meidän mennä vasemmalle vai oikealle? => "Ja genau" :-) :-)
Natascha
12. März 2023
Ich durfte unbeschreiblich eindrückliche und wunderschöne Momente erleben, kombiniert mit dem schönsten Was es gibt, dem Bike. Vielen Dank Luki für diese wunderbare Lappland Erfahrung
11. März 2023
Hei Luki, wieder ein tolles Abenteuer mit dir im hohen Norden erlebt. Einfach mega eindrücklich in dieser riesigen Landschaft unterwegs sein zu können. Kaum vorstellbar, das das mit dem Bike machbar ist. Besten Dank nochmals

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